January 21st, 2024
Disability and Video Games. Practices of En-/Disabling Modes of Digital Gaming
Die Beschäftigung mit Technologien und Medienformen im Zusammenspiel von Behinderung und Nicht-Behinderung beinhaltet unweigerlich das Verhältnis zwischen verschiedenen Körpern, Sinneserfahrungen und und Assistenzkomplexen zu untersuchen. Die Vielschichtigkeit der Handlungsinitiativen, die nicht nur von menschlichen Körpern, sondern auch von technischen Geräten, Prothesen, Algorithmen und dergleichen ausgehen, erfordert die Rolle digitaler Vermittlichungsmöglichen als gleichermaßen ermöglichendes wie behinderndes Praxisfeld zu analyisieren (Vgl. die Arbeiten des Wissenschaftlichen Nextwerks Dis/Abilities and Digital Media)
Dis/Ability im Gaming-Kontext stellt hierbei nochmal eine besonders komplexe und vielschichtige Verbindung dar, die sowohl positive als auch negative Lesarten umfasst. Videospiele bieten oft die Möglichkeit, Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten Zugänge zu erleichtern und somit (nicht nur am Spiel) teilzuhaben. Viele Spiele bieten Anpassungsmöglichkeiten für Steuerung, Audio- und visuelle Einstellungen, um sie für Menschen auch für Menschen mit Behinderungen zugänglicher zu machen. Dies trägt dazu bei, dass Gaming zu einem inklusiven und integrativen Medium wird, das Menschen unabhängig von ihren Fähigkeiten verbindet.
Für Menschen mit körperlichen Einschränkungen können spezielle Controller, Eye-Tracking-Software oder andere adaptive Technologien Gaming zugänglicher machen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten des Engagements und der Unterhaltung für Menschen, die möglicherweise auf andere Weise eingeschränkt sind. Einige Firmen sind gar auf die Entwicklung von Spielen konzentriert, die speziell für Menschen mit bestimmten Behinderungen konzipiert sind, was auch zu einer größeren Vielfalt an Inhalten führt, die für diese Zielgruppe zugänglich sind.
Viele Spiele sind jedoch nach wie vor kaum ausreichend barrierefrei gestaltet oder erfordern schnelle Reaktionszeiten, die für einige Spieler eine Herausforderung darstellen. Auch die Darstellung von Behinderungen in Spielen kann problematisch sein, wenn sie stereotypisch oder stigmatisierend wirkt.
Gleichwohl kann Gaming auch als Plattform für Menschen mit Behinderungen dienen, etwa um sich zu vernetzen, Gemeinschaften aufzubauen und Unterstützung zu finden. Es gibt Gruppen und Communities, die sich darauf konzentrieren, Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammenzubringen, sei es zum Spielen, zum Austausch von Erfahrungen oder zur Förderung von Barrierefreiheit in der Gaming-Welt.
Es offenbart sich hier eine Mischung aus positiven Möglichkeiten zur Inklusion und Unterhaltung sowie Herausforderungen, die angegangen werden müssen, um ein wirklich inklusives Spielerlebnis für alle zu schaffen.
Ein jüngst bei Palgrave Mac Millan erschienener Sammelband will eine längst überfällige Forschungslücke zu den praxeologischen Aspekten der Beziehungen zwischen Behinderung, Barrierefreiheit und digitalen Spielen schließen. Das von Beate Ochsner und Markus Spöhrer herausgegene Buch konzentriert sich dabei auf die Frage, wie die Game Studies von einer Disability Studies-Perspektive auf die Themen Behinderung, (Un-)Zugänglichkeit und Behindertenfeindlichkeit profitieren können und umgekehrt.
Anstatt vom medizinischen Modell der Behinderung abzuweichen, das einer Vielzahl von Publikationen über “behindertes” Spielen zugrunde liegt und das die Nutzer entweder als “fähig”, “normal” oder als “behindert”, “defizitär” oder “unfähig zu spielen” betrachtet, ist die zentrale Prämisse des Sammelbandes, dass Behinderung kein wesentliches Merkmal des spielenden Subjekts ist. Vielmehr stehen die komplexen Infrastrukturen des Spielens Fokus der Betrachtung, also das komplexe Zusammenspiel heterogener menschlicher und nicht-menschlicher Akteure, die das Spielen ermöglichen oder behindern.
Mit Beiträgen von David Parisi, Mat Dalgleish, Philipp Macele, Jan Mueggenburg, Mark Barlet (AbleGamers), Beate Ochsner, Markus Spöhrer, Axell Fontaine, Simon Ledder, Tom Bieling, Diane Carr, Ursula Fischer, Laura König, Beate Ochsner, Ulf Dietrich, Alexander Horowitz und Sandra Uhling.
Markus Spöhrer & Beate Ochsner (Eds.)
Disability and Video Games: Practices of En-/Disabling Modes of Digital Gaming.
Palgrave MacMillan, Palgrave Games in Context
ISBN 978-303134373-5
References
Spöhrer, Markus & Beate Ochsner (Eds.): Disability and Video Games: Practices of En-/Disabling Modes of Digital Gaming. London: Palgrave Macmillan.
Wissenschaftliches Netzwerk Dis/Abilities and Digital Media: https://dis-abilities-and-digital-media.org/index.php/de/ (Abgerufen: 10.01.2024)