August 16th, 2022

Weitermachen. In Erinnerung an John Chris Jones.

Dass Design mehr ist, als lediglich das Gestalten, schöner Dinge, dürfte sich herumgesprochen haben. In seinem Klassiker „Design Methods“ (1970) beschrieb John Chris Jones Design und seine vielfältigen Aufgabenbereiche umfangreich. Design als Prozess der Entwicklung nicht einzelner Produkte, sondern ganzer Systeme oder Umgebungen. Design als Partizipation, Design als Bildungsdisziplin, die Kunst und Wissenschaft vereint und vielleicht weiter gehen kann als beide.

Geboren im walisischen Aberystwyth (1927) studierte Jones zunächst Ingenieurwesen an der Universität von Cambridge und arbeitete anschließend für Associated Electrical Industries (AEI) in Manchester. Schon früh setzte er sich mit Fragen der Ergonomie und Nutzerorientiertheit – lange bevor der Begriff Verbreitung fand – an der Schnittstelle von Design und Ingenieurswesen ein. Damit trug er nicht nur dazu bei, beide Bereiche füreinander zu sensibilisieren und stärker zusammenzuführen, sondern auch dazu, die Ziele und Zwecke des Designs an sich in Frage zu stellen.

Ende der 1950er Jahre veröffentlichte er einen Artikel mit dem Titel “A Systematic Design Method”, in dem er Wege zur Integration ergonomischer Daten in den Konstruktionsprozess aufzeigte. Ein Plädoyer dafür, sowohl Rationalität als auch Intuition in Gestaltungsprozess zu integrieren und zugleich der Versuch einer Formalisierung von Designmethoden, den er zeitweise auch mit Kollegen wie Bruce Archer, Christopher Alexander oder Horst Rittel im Zuge des Design Methods Movements vorangetrieben hatte.

John Thackara beschrieb ihn einst als eine Art industriellen Wildhüter, der zum Wilderer wurde; als frühen Warner vor den potenziellen Gefahren der digitalen Revolution; als Vorausseher, ambivalenter Folgen von technologiegetriebener Innovationen etwa in Bezug auf Mensch-Maschine-Interaktion.

Immer wieder etablierte er dabei neue Begriffe und Wortspiele (z. B. “Softecnica”, „Softopia“) und war einer der ersten, der voraussah, dass Software und so genannte intelligente Objekte nicht nur neutrale Werkzeuge sind. Sie würden sich ständig anpassen müssen, um neuen Lebensweisen gerecht zu werden.

1962 war er einer der Initiatoren der einflussreichen Konferenz über Designmethoden, die zur Gründung der Design Research Society führte, deren Vorsitzender Jones von 1971 bis 1973 war. Im Jahr 2004 wurde er mit dem Lifetime Achievement Award der Gesellschaft ausgezeichnet.

Mit der Zeit wandte sich Jones von der Suche nach systematischen Designmethoden ab. Er erkannte, dass akademische Versuche, Design zu systematisieren, in der Praxis zu einer Trennung von Vernunft und Intuition führten. Von nun an vertrat er die Ansicht, das persönliche Urteilsvermögen, die Vorstellungskraft und ästhetisches Empfinden im Entwurfsprozess zu stärken.

In seinem, im Jahr 1999 erschienenen, Buch „The Internet and everyone“ beschreibt Jones zwei Arten von Zielen: Der Zweck, ein Ergebnis zu haben, etwas, das existiert, nachdem der Prozess gestoppt wurde, und nicht existiert, bis er gestoppt wurde, … und den Zweck, weiterzumachen, den Prozess in Gang zu halten, so wie man atmen kann, um weiterzuatmen.

Am 13.8.2022 verstarb Jones im Alter von 95 Jahren. Seine Ideen bleiben bestehen und werden auch folgende Generationen an Designer:innen und Designforschenden inspirieren. “Der Zweck ist, weiterzumachen”.

References

Download & Citation Info

Bieling, Tom (2022): Weitermachen. In Erinnerung an John Chris Jones. DESIGNABILITIES Design Research Journal, (08) 2022. https://tinyurl.com/2w3z5tmu ISSN 2511-6274